BUNDjugend Baden-Württemberg  

Chris über die Kunst, sich als Veganer selbst nicht so ernst zu nehmen

Ich kenne auch einen Veganer-Witz:

Frage: Wie erfährst du auf einer Party, ob jemand Veganer ist?

Antwort: Er/Sie erzählt es dir.

Danke Juliane, dass du meine Witze vorwegnimmst 😉

Ich persönlich habe jedenfalls eine andere Erfahrung gemacht. Es war mir während der Tour gar nicht möglich, das Thema für länger als einige Stunden zu umgehen, da ich regelmäßig darauf angesprochen wurde.

Einige waren einfach neugierig. Ich wurde Dinge gefragt wie„Warum machst du das?“ oder „Wie fühlst du dich dabei?“

Die meisten Kommentare aber gingen in Richtung Witze. Vor allem an den ersten Tagen kamen sie aus den losen Mundwerken anderer Bandmitglieder wie aus Maschinengewehren geschossen:

„Chris dir ist schon klar dass für dieses Essen das Kartoffeltier sterben musste!“

„Chris, wieso isst du eigentlich Reis? Du kannst doch auch das Gras von der Wiese essen!“

In Schweden sprach mich ein Saxophonist aus einer anderen Band auf das Frühstücksbrot an:

Saxophonist:              You know that there are animal products in it?

Ich:                                Oh no really? what kind of?

Saxophonist:             Cow, Baby-Cow, Pig and Baby-Pig

Beide:                           hahaha

Saxophonist:            It’s so easy to make jokes about people with alternative kinds of  nutrition.

Meiner Meinung nach hat er ohne es zu wissen etwas sehr Wahres gesagt. Die meisten Menschen, die den Veganismus kritisieren oder sich sogar darüber lustig machen, sind mit dem Thema ungefähr so vertraut wie Lukas Podolski mit molekularer Thermodynamik.

Jürgen:             Chris, stimmt es, dass du vegan bist? Spinnst du? Du weißt schon, dass das total ungesund ist?

Ich:                  Wieso denn? Was fehlt mir denn genau, wenn ich mich vegan ernähre?

Kurze Pause…ratter…ratter

Jürgen:             Vitamin F. Vitamin Fleisch.

Auch gut fand ich:

Heinz:               Was??? Du trinkst Bier? Dir ist schon klar, dass da auch Lebewesen dafür sterben mussten!? Nämlich Hefen!!!!

Ich:                  Ja?! Champignons müssen für mich auch sterben?!

Mich überraschte, dass die vegane Ernährung aus praktischen Gesichtspunkten mit gründlicher Vorausplanung sogar in der „Extremsituation“ Tour immer möglich war. Manchmal wurden uns überraschender Weise leckere vegane Gerichte angeboten. Beim selber Kochen habe ich einfach im entscheidenden Schritt eingegriffen und tierische Produkte durch meine eigenen veganen Ersatzprodukte in meiner Portion ersetzt. In Schweden bieten die meisten Dönerläden auch Falafel mit Humussoße an. Die einzigen Probleme traten am Ende auf dem Festival in Uppsala auf. Den Bands wurde Essen angeboten, bezüglich dessen wir schon vor der Tour angeben konnten, ob es vegetarisch sein sollte. Die Auswahlmöglichkeit „vegan“ gab es nicht. So kam es, dass ich auf dem Festival dreimal tierliche Sahnesoße oder Käse zu mir nahm. Das hätte ich aber umgehen können, wenn ich schon vor der Tour angegeben hätte, dass ich das Essen auf dem Festival ablehne und stattdessen mein eigenes Essen in der Stadt eingekauft hätte.

Mein Fazit: Die Tour war richtig gut, lustig und erholsam. Die Witze und Bemerkungen fand ich in den meisten Fällen lustig, in wenigen Fällen nervig. Als Veganer ist es auf jeden Fall von Vorteil, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Bemerkungen, die ich als beleidigend empfand, kamen bis auf eine Ausnahme nicht vor. Ich denke, das Verhältnis zu seinen Mitmenschen ändert sich als Veganer nicht wesentlich, aber man bietet Menschen, mit denen man sich ohnehin nicht versteht, definitiv Angriffsfläche.

Zurück in Deutschland habe ich mich intensiv mit dem veganen Kochen beschäftigt. Mein erstes Gericht waren Nudeln mit Pilzen. Bei der Soße habe ich meine gesamte Kreativität einfließen lassen. Das geschmackliche Resultat war ernüchternd. Auf dem anschließenden Weg zur Uni meldete sich mein Bauch. Auch auf dem Heimweg ließ er sich noch nicht beruhigen. Das vegane Kochen ist eine Kunst für sich. Aber man kann es lernen. Schon bald hat mir das Essen, das ich gekocht habe, auch geschmeckt. Von da an war veganes Leben echt einfach. Sehr toll fand ich auch das Festival „Aufstand“ von der Naju, auf dem ich zwei Tage verbrachte. Diese „Öko-Veranstaltungen“ sind der Himmel der Veganer. Nicht nur, weil das Essen dort wie selbstverständlich auf pflanzlicher Basis gemacht wird. Als Veganer ist man quasi der Profi-Fußballer der Öko-Szene. Man spielt gegen die Grausamkeit der Massentierhaltung, gegen den Klimawandel und den Hunger in der dritten Welt. Dass am gleichen Abend auch FC Bayern gegen Chelsea gespielt hat, wusste dort wahrscheinlich niemand. Ich kam mit einer unbekannten Person ins Gespräch.

Ich:                              Hey, ich bin der Chris.

Unbekannte Person: Hi. Aaah du bist doch der Chris, der bei dem Vegan-Experiment mitmacht? Ich hab im Internet deinen Text gelesen!

Kopfkino:

„Tor! Tooooor! Der Veganismus ist Weltmeister!!!!“ Unter dem tosendem Gejubel der Fans rannte ich über das Spielfeld. Die Massentierhaltung lag niedergeschlagen am Boden, der Klimawandel hatte sich bei meinem Tunnler die Beine verknotet und den Hunger in der dritten Welt hat mein Schuss mitsamt dem Netz einmal um die Latte befördert. Friede, Freude, Sojakuchen!