Chris über seine Erfahrungen der ersten veganen Tage
Der Monat begann für mich mit einer elftägigen Tour mit meinem Bigband Orchester. 30 Musiker, davon zwei Vegetarier und nur ein Veganer: Ich. Nicht die beste Ausgangssituation. Doch ein Zurück gab es nicht.
Während der Tour aßen wir meist alle zusammen in Wirtshäusern oder kochten mit dem Gasgrill auf Autobahnraststätten. Es musste vor allem schnell gehen. Eine Band darf es sich schließlich nicht erlauben, zu spät zu ihrem eigenen Auftritt zu erscheinen.
Am zweiten Tag bereits stand ich vor einer großen Herausforderung. Nachdem ein Auftritt in einem Coburger Biergarten wegen des schlechten Wetters ausgefallen war, verbrachten wir den Nachmittag im Schwimmbad. Ich denke, ich brauche nicht zu erwähnen, dass körperliche Aktivität verdammt hungrig macht.
Diesen Hunger nahm ich mit zu dem üppigen Buffet, zu dem wir abends eingeladen waren. Reis, gefüllte Weinblätter, verschiedenste Salate und weitere verlockend aussehende und riechende Vor-, Haupt-, und Nachspeisen waren aufgetischt. Wie schlimm war die Erkenntnis, als ich erfuhr, dass nur ein einziger Salat vollständig vegan war. Sogar der Reis war mit Butter vermischt.
So gutes Essen. Und so unvegan. Es war ein Kampf mit mir selbst. Den Schöpflöffel in der Hand haltend stand ich vor dem zweiten Salat mit Hähnchenstreifen und hörte die Stimmen in meinem Kopf, während die Leute hinter mir in der Schlange ungeduldig warteten:
Teufelchen: Komm, eine Ausnahme… nur heute. Morgen isst du zum Frühstück wieder ganz brav dein Müsli mit Reismilch und Apfel. Aber dieses Essen kannst du dir doch echt nicht entgehen lassen!
Engelchen: Nein bleib stark! Was hat dein Ex Zivi-Chef Bernd immer gesagt? „Entweder scheißen oder owe vom Topf. Hoibat schwanger gibt’s ja a ned!“
Teufelchen: Dass du gerade jetzt mit dem Bernd kommst! Der würde dem Chris was erzählen, wenn er wüsste, auf was für bescheuerte Ideen er im Schwabenland kommt! Wenn der ein Essen ohne Fleisch bekommt, rührt er es nicht mal an: „Bin i a Has oda wos?“
Kurz darauf saß ich am Tisch. Einen Teller voller Salat. Dazu Brot und pflanzlichen Brotaufstrich aus meinem Nahrungsrucksack, den ich für derartige „Engpässe“ während der Tour immer bei mir hatte. Voller Neid blickte ich auf die Teller meiner Musikerkollegen, die prall gefüllt waren mit den verschiedensten köstlichen Gerichten.
Beim Essen schwiegen die meisten – es war zu gut, um nebenher die Zeit mit Reden zu vergeuden. Nur an ihren Blicken konnte ich ihre Gedanken bezüglich meiner Entscheidung ablesen. Bei einigen sah ich Mitleid, bei anderen Unverständnis, wieder andere waren offensichtlich amüsiert. Doch keiner von ihnen blickte voller Neid auf meinen Teller.