BUNDjugend Baden-Württemberg  

Ein Kommentar zur Finanzkrise in Griechenland: Alle denken an sich, nur ich denk an mich.

Jeden Tag, immer wieder aufs Neue: „Die EU spannt den finanziellen Rettungsschirm über Griechenland.“ „Noch härterer Sparkurs in Griechenland.“ „Regierung in Griechenland schnallt den Gürtel enger.“ Dumm nur, dass nicht die Regierung den Gürtel enger schnallt. Also zumindest nicht den eigenen. Der sozialistische Ministerpräsident Papandreou arbeitet nicht umsonst und auch der Rest der Regierung wird weiterhin gut bezahlt. Den übrigen GriechInnen geht es nicht so gut. Trotz aller Versprechen sind die Steuern weiter erhöht worden, und das bei sinkendem Einkommen um teilweise mehr als 20%. Der bis dato existierende Kündigungsschutz wurde gelockert, so dass Unternehmer jetzt mehr als 2% Ihrer Belegschaft pro Monat entlassen können. Klar, dass sich da einiges an Wut ansammelt. Auch nach Generalstreiks und dem Lahmlegen des gesamten öffentlichen Sektors hält die Regierung an ihrem Plan fest, bis 2015 über 28 Milliarden Euro einzusparen. Die Auswirkungen sind deutlich spürbar. Viele Ladenbesitzer verzeichnen einen Einbruch des Umsatzes um bis zu 60% und das schon seit 2008. Die Folge: Angst. Die meisten Griechen haben Angst vor dem privaten Ruin und dem Abstieg ihres Landes. Und das obwohl die EU und der IWF massiv Geld in das Land stecken. Allein die EZB hat für etwa 47 Milliarden Euro griechische Staatsanleihen gekauft, das Volk merkt davon nichts. Die Frage ist: Wer schaut auf die Menschen die für den ganzen Schlamassel nichts können und es trotzdem ausbaden müssen? Die Regierung betreibt weiter fleißig Augenwischerei (so wie vom IWF gewünscht) und versucht mit Dingen wie einer Kabinettsumbildung ihre Landsleute bei Laune zu halten. Aber die haben die Schnauze voll. Warum sollen ausgerechnet sie diejenigen sein, die für das schlechte Haushalten von Banken und Regierung bezahlen sollen? Steine und Molotov-Cocktails auf der einen, Tränengas und Wasserwerfer auf der anderen Seite und mittendrin der eigentliche Konflikt: Staat und Kapital vs. Mensch und Ohnmacht. Es ist ein Kampf gegen Windmühlen – in diesem Fall eher gegen das Schaufelrad Finanzwesen. Die ganze Situation ist mittlerweile so unübersichtlich, dass keiner mehr genau weiß, was die beste Lösung wäre. Es geht nicht um eine Lösung zur Rettung der Banken oder der Rente des Premierministers; in aller erster Linie geht es um Menschen, ihre Existenz, ihre Hoffnungen und Ängste. Das ganze Geldgerede hin oder her. Ein riesiges Problem ist, dass Griechenland seit Jahren mit extrem hoher Jugendarbeitslosigkeit zu kämpfen hat. Obwohl die Jugendlichen häufig gut ausgebildet sind, finden über 42% der GriechInnen zwischen 15 und 24 keinen Job. Wie soll man so einen Staatsbankrott verhindern? Anstatt das Problem an der Basis anzupacken, werden immer nur die Probleme versucht zu beseitigen, die am bedrohlichsten erscheinen. Es ist schon fast ein Klischee: Der Arbeiter sitzt mit Trillerpfeife und Fahne vor dem Fabriktor, während drinnen Männer in schnieken Anzügen, bei kleinen Canapees Brainstorming darüber machen, ob es sinnvoller wäre 3000 Mitarbeiter auf einmal zu entlassen und Überstunden als „Pech gehabt“ zu kennzeichnen oder ob man doch vielleicht das 13. Monatsgehalt, Weihnachtsgeld und Urlaubszuschüsse streicht und die ArbeiterInnen alle bis 60 schuften lässt. Nicht mit uns! Die Banken müssen endlich an dem beteiligt werden, was sie verbockt haben!

Desiree Pielsticker ist seit 1.9.2011 FÖJlerin bei der BUNDjugend
Die aktuelle kriZ Ausgabe 2/2011 findest du zum Download hier.