BUNDjugend Baden-Württemberg  

Juliane über unveganes Bier und die Macht der Gewohnheit

Eigentlich wollt ich keinen Artikel mehr schreiben, aber gestern war ich in einer so absurden Situation, dass ich euch einfach nochmal damit belästigen muss.

Wir waren Verwandte in einem klitzekleinen, fränkischen Dorf besuchen und sind zum Kaffee dort in ein Gasthaus gegangen. Auf dem Tisch stand Kuchen sowie belegte Brote. Jeweils 4 Wurstbrötchen mit Gurkenscheibchen und Ei drauf. Und ein einsames Käsebrötchen. Ohne irgendwas weiteres drauf. Nun ja, da ich mich entschieden habe, nach dem veganen Monat auch wieder (in geringerem Maß als vorher) tierische Produkte zu essen (kein Fleisch – Vegetarier war ich ja eh schon), hab ich mich also dem armen, lieblos hergerichteten Käsebrötchen erbarmt.

Das war aber noch nicht das Verrückte, das kam später, als wir erfahren haben, dass die Besitzer des Gasthauses selbst Bier brauen. Meine Mutter hat gleich ein paar Flaschen bestellt und ich meinte, ich würde auch welche mitnehmen. Daraufhin schaute sie mich entsetzt an und rief, so laut, dass man es auch am anderen Ende der Gaststube noch gehört hat: „Was? Ich dachte, du bist vegan?!“

In diesem Moment war ich regelrecht überfordert mit der Situation. Ich meine, was soll man denn darauf noch sagen? Ganz davon abgesehen, dass es eh im Lachen aller Anwesenden untergegangen wäre… Ich hab also zwei- bis dreimal den Mund auf- und zugemacht und es dabei belassen. Ohne Kommentar. Das passiert mir auch selten.

Bier hab ich trotzdem mitgenommen, nachdem ich meiner Mutter sehr liebevoll erklärt hatte, dass Bier sowas von vegan ist. (Außer Schäfleshimmel, da sind Babyschafe drin. Sagt Simon. Aber ich glaube, er lügt!)

Aus demselben Grund hab ich eigentlich auch genauso wenig wie Isi verstanden, dass es bei unserem veganen Abschlussbüfett in der Sehnsuchtsküche keine alkoholischen Getränke gab. Dafür gab es aber sehr leckere Säfte und natürlich Bionade! Und alkoholfreies Bier. Warum auch immer man so was trinken sollte… ich hab keine Ahnung.

Dafür war das Essen aber tatsächlich absolute Spitze! Besser als alles, was ich während des veganen Monats (und davor und danach) selbst gekocht hab (ist aber kein Wunder, weil ich irgendwie eine ziemlich miserable Köchin bin.)

Wo wir schon beim Kochen sind, möchte ich noch anmerken, dass ich das im letzten Beitrag vorgestellte vegane Lebensmittelsudoku selbst nie ausprobiert hab. OK, OK, ich hab ein bisschen geschwindelt. Aber ich dachte, wenn ich diese (in meinen Augen unglaublich geniale) Idee vorstelle und dann zugebe, dass ich sie selbst nicht nutze, kommt sie nicht so gut rüber, wie sie es verdient hat. Man verzeihe mir, bitte. 🙂

Menschen lügen ja eh bis zu 100 mal am Tag – auch Veganer.

Ich hab, nachdem der Mai vorbei war, erstaunlicherweise tatsächlich zwei Tage gebraucht, um wieder tierische Produkte zu konsumieren. Dabei dachte ich am Anfang des Monat, ich würde mich wie eine Verrückte auf alles stürzen, was nicht schnell genug wegrennen kann. Die Hasen auf unserer Farm zum Beispiel – Scherz.

Aber Käse, Joghurt und vor allem Schokolade würde ich sicherlich in Massen verzehren, dachte ich damals. Fehlanzeige. Menschen sind eben doch Gewohnheitstiere. Man gewöhnt sich wirklich schnell daran, ein bestimmtes Muster zu fahren, zum Beispiel Müsli mit Soja-Reis-Milch zum Frühstück, so dass es einem echt schwer fällt, da wieder raus zu kommen. Falls man das überhaupt will.

Inzwischen hab ich zwar wieder angefangen, Lebensmittel, in denen tierische Produkte verarbeitet sind (vor allem in Fertigsoßen, Pizza etc. lässt sich das eben schwer umgehen, vor allem, wenn man mit Nicht-Veganern zusammen kocht) und auch die Eier von unseren eigenen Hühnern wieder zu essen; von purer Milch, Butter und Schokolade hab ich aber bisher die Finger gelassen. Schokolade! Ich dachte nicht, dass das so einfach ist.

1 Monat vegan hat mir geholfen, mehr darauf zu achten, was ich da überhaupt esse. Haha, das klingt wie in so einer doofen Werbung für Weightwatchers. Aber es ist halt so.

Ich habe gelernt, mit etwas mehr Verstand an die Nahrungsmittelwahl zu gehen, will dabei aber in Zukunft möglichst viele verschiedene Aspekte berücksichtigen, um eine vertretbare Lebensweise zu bestreiten. Der einfache Verzicht auf tierische Nahrungsmittel ist mir dabei ein wenig zu engstirnig gedacht, weil auch der Erhalt der Landwirtschaft (und somit auch der Viehwirtschaft oder der Imkerei) wichtig sind.

Vor kurzem habe ich einen Bio-Bauernhof besucht. Die Kühe dort hatten große Weiden, die Hühner viel Auslauf. Die beiden kleinen Schweine wohnten in einem Gehege im Freien mit einem mit Stroh eingestreuten, sauberen Unterstand, einer Matschecke und einem Gummireifen zum Spielen. Ich muss sagen, dass ich kein schlechtes Gewissen hätte, die Eier und die Milch von einem solchen Hof zu kaufen und es auch durchaus als nachvollziehbar empfinde, dass man das Fleisch von dort mit Genuss essen kann. Solche Bauern sollten zudem einfach unterstützt werden, weil sie doch meistens ihre ganze Kraft und Zeit in den Hof stecken und sich mit Sorgfalt und Liebe um ihre Tiere kümmern.

Ich werde mich nach dem Monat weiterhin vegetarisch ernähren, vielleicht ab und zu wieder eine vegane Zeit einlegen und ansonsten vor allem die „Rohprodukte“ (wie z.B. Milch oder Butter) durch vegane Alternativen ersetzen. Außerdem versuche ich – soweit das mein Budget zulässt – tierische Produkte nur in Bio-Qualität zu kaufen. Ich weiß, dass auch das nicht ideal ist und alle VeganerInnen fänden das wohl höchst inkonsequent, aber ich denke, wenn jeder nur einen kleinen Schritt in die richtige Richtung macht, dann ist schon viel erreicht.

Puh, das war ganz schön anstrengend, nach dem sonstigen, schwachsinnigen Geplänkel mal was Ernstes zu schreiben. Dafür hab ich für die letzten drei Absätze circa doppelt so lang gebraucht, als normalerweise für einen Text in dem Umfang. Naja, trotzdem wollt ich euch meine Ansichten über das Thema Ernährung im Allgemeinen und Veganismus im Speziellen natürlich nicht vorenthalten und hab auch versucht, mich kurz zu fassen. Und Chris wird sich jetzt sicher beschweren, dass der Artikel gar nicht lustig war. 🙂

So, das war ’s dann auch von mir. Vielleicht liest man sich ja mal wieder. Oder man sieht sich bei einer der vielen Gelegenheiten, wie zum Beispiel beim Cafe Ahhh oder dem JAK im Herbst.

Mir hat es auf jeden Fall Spaß gemacht, hier über meine Erfahrungen zu berichten und ich hoffe, es hat euch nicht zu sehr gelangweilt, meine literarischen Ergüsse über euch ergehen lassen zu müssen.

Bis bald!

Liebe Grüße, Juliane