Ein Monat vegan – Das Projekt aus dem Jahr 2012
Bereits 2012, lange, bevor es die vielen veganen Alternativen gab, die heutzutage (2024) in den Supermärkten zu finden sind, haben so einige das vegane Leben getestet – mit ganz anderen, aber auch ähnlichen Herrausforderungen, die es heute gibt. Wir haben euch hier alles zusammen gefasst. Viel Spaß beim entdecken!
Im Jahr 2012 hat die BUNDjugend ein damals recht ungewöhnliches Projekt gestartet. Sie haben 1 Monat vegan gelebt. Was heute gar nicht mehr so ungewöhnlich ist, war damals gar nicht so einfach. Kaum Ersatzprodukte und auf der Suche nach Ideen haben die Menschen länger gebraucht als heute. Obwohl es schon eine ganze Weile her ist, wollen wir euch dieses tolle Projekt nicht vorenthalten. Es sind im Zuge dessen so schöne Erfahrungsberichte entstanden sowie ein eignes Kochbuch-Heftchen. Viel Spaß beim Lesen!
2012 – Das Experimalent 1 Monat vegan!
Im Mai 2012 hat eine Gruppe Jugendlicher ein Experiment gewagt und einen Monat lang vegan gelebt! Kein Fleisch, Eier, Milch… dafür viel leckeres Gemüse, Obst und Tofu 🙂 Die Motivation an diesem Monat teilzunehmen waren so vielfältig wie die Teilnehmer*innen. Ethische und Umweltschutzgründe waren oft genannte Motivationen, aber auch die Neugier etwas auszuprobieren und sich selbst zu beweisen „Ja, ich kann das! Ich kann in dieser total verfleischten Welt einen Monat lang vegan leben!“ Unterstützt wurde das Projekt durch Andreas von der TIRS in Stuttgart und von weiteren vegan lebenden Personen. Motto des Experiments war: „Wir wagen uns unideologisch auf das moralische Minenfeld der Ernährung und wollen dort unsere eigenen Erfahrungen sammeln.“
Wenn ihr noch mehr über uns und unsere Aktionen erfahren wollt, schaut doch in unsere Gruppe auf Facebook! Auf www.fluter.de haben wir ebenfalls Texte veröffentlicht! Viel Spaß beim Lesen!
Die Versuchkaninchen sind…
Eine Gruppe von Freiwilligen für das Experimant war schnell gefunden. Caro, Juliane, Kata, Isabell und Chris haben es gewagt und haben versucht 1 Monat vegan zu leben.
Mit 8 oder 9 habe ich das letzte Mal Fleisch gegessen, warum ich es damals gemacht bzw. warum ich aufgehört habe ist mir nicht ganz klar, ich glaube ich habe es früher als unnötig und nicht besonders sinnvoll erachtet tote Tiere zu essen, so hat mein Vegetarierinnen-Dasein begonnen. Der Verzicht auf Fleisch ist ein Teil meiner Persönlichkeit geworden, ich denke auch nicht mehr so grundsätzlich und tiefgründig darüber nach, sehe es als selbstverständlich an. Aber in der letzten Zeit habe ich mich mehr mit diesem Thema beschäftigt und das bestärkt mich in meiner Einstellung. Auch wenn ich manchmal über den Sinn und Unsinn des Vegetarismus nachdenke, ist der Schritt zum Veganismus noch groß. Da mir aber klar ist wie wichtig unser kleiner Beitrag zur Verbesserung der Welt ist, versuche ich es jetzt einfach mal und lebe einen Monat vegan, was hab ich zu verlieren?! Vielleicht die Geduld meiner Mutter und vielleicht auch das Verständnis meiner Freunde für diese noch „krassere“ Form der Lebensweise, wie eine Freundin meinte, aber die müssen das dann eben akzeptieren oder auch nicht. Ich freue mich auf einen spannenden, interessanten Monat vieler neuer Erfahrungen und stressiger Suche nach Schokolade, Keksen und sonstigen Kram den eigentlich niemand braucht, auf den ich aber auch nicht als (Teilzeit-) Veganerin verzichten möchte. 🙂
Vor fast 6 Jahren bin ich Vegetarierin geworden. Aus Trotz. Um meinen Eltern zu zeigen, dass ich es kann und mein Öko-Dasein zu unterstreichen. Was für eine bescheuerte Motivation. Inzwischen ist es für mich zu einer Lebenseinstellung geworden, auf Fleisch zu verzichten und ich mache es bewusst aus Tierrechts- und Umweltschutzgründen. Und auch, weil mir das Fleisch einfach nicht fehlt – es gibt so viele leckere Alternativen. Bei „1 Monat vegan“ mache ich mit, um auszuprobieren, wie gut sich eine vegane Lebensweise im Alltag umsetzen lässt, aber ich glaub vor allem der Verzicht auf Joghurt und Käse wird ganz schön hart. Und Schokolade natürlich. Oh mann, warum mach ich das überhaupt??? Ernährung ist nicht nur eine Sache des Einzelnen und Veganismus wird deshalb wahrscheinlich während des nächsten Monats in meinem Umfeld Dauerthema sein. Wenn jemand Fleisch isst, redet keiner über Ernährung, aber selbst wenn man nur Vegetarier ist, wird ständig darüber diskutiert. In der Familie, im Freundeskreis und vor allem auf der Jugendfarm, wo ich gerade mein FÖJ mache. Meine Mitbewohnerin wird wohl oder übel in die Sache mit reingezogen, weil wir oft zusammen kochen. Auch im Team und mit den Kindern essen wir ab und zu gemeinsam. Es wird auf jeden Fall interessant, wie sich das alles umsetzen lässt. Wir werden sehen 😉
Nagellack bedroht meine Integrität? Wie bitte?! Leider ist es so. Ich ernähre ich mich schon seit über einem Jahr vegan. Was Kosmetika und Kleidung betrifft ist die Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln leider noch mehr als suboptimal. Da gefällt mir mal die Farbe des Lippenstifts oder die Form der Schuhe und schon rückt das Vegansein in den Hintergrund. Natürlich ist es mir nicht egal, ob tierliche Produkte verarbeitet sind und ich kaufe natürlich auch kein Leder. Aber die Feinheiten (Mit was für Farbe wurde gefärbt? etc.) beachte ich meistens nicht. Aus Faulheit, Bequemlichkeit und auch einem Stück Pragmatismus. Veganismus heißt für mich, alle empfindenden Lebewesen (bzw. solche, von denen wir durch unseren derzeitigen Wissenstand ausgehen, dass sie Empfindungen haben), mit Respekt zu behandeln. Anstatt also einen teuren Öko-Nagellack zu kaufen, nehme ich lieber noch eine Packung Tee aus dem Weltladen mit. Ich fürchte, es gibt fast kein zu 100% moralisch korrektes Produkt (…dass dann auch noch verträglich mit einem studentischen Geldbeutel ist), aber ich will den Monat nutzen, um mein Bewusstsein noch weiter zu schärfen und kritisch zu konsumieren.
Seit 10 Jahren bin ich Vegetarierin. Eine ganz schön lange Zeit, in der ich mich so daran gewöhnt habe, dass der Gedanke Fleisch zu essen wirklich abwegig für mich geworden ist. Im Laufe der Zeit habe ich es mir ganz schön gemütlich gemacht in meiner Identität als „eine der Guten. Ich tu ja schon was für die Welt, ich brauche mir eigentlich keine Gedanken mehr machen…“ Als ich an die Uni kam, war ich gar nicht mehr gewöhnt, dass Leute mein Vegetarier-Dasein seltsam finden könnten. Einige Diskussionen, „kluge“ Sprüche fremder und viel Erstaunen von meiner Seite später, bin ich jetzt sehr gespannt, wie mein Umfeld auf das Experiment „1 Monat-vegan“ reagieren wird. Ich freue mich jedenfalls auf viele Kommentare, die für diesen Blog aufzeichnenswert sind! 🙂 Momentan glaube ich nicht, dass aus dem einen Monat vegan eine dauerhafte Einrichtung wird. Dazu bin ich zu sehr Genussmensch und vielleicht auch zu bequem, und kann mir bei manchen Dingen noch nicht vorstellen auf sie zu verzichten. Auf den Monat bin ich aber sehr gespannt! Ich erhoffe mir neue Perspektiven, meinen Speiseplan zu erweitern und neue Dinge kennen zu lernen. Ich freue mich aber auch auf die Herausforderung und bin gespannt wie ich sie meistern werde!
Seit ich denken kann, war ich Fleischesser. Wie sollte es auch anderes sein? In Bayern, dem Land der halben Hendl, Schweinshaxen und Weißwürste aufgewachsen, habe ich mir bis vor kurzem eine andere Lebensweise nicht einmal vorstellen wollen. Was aber noch viel mehr zu meinen Leidenschaften gehört ist Käse, der bei keiner Mahlzeit fehlen darf. Und, viel wichtiger als alles andere, Schokolade. Diese dunkle Verführung weckt in mir regelmäßig den unkontrollierbaren Drang, sie zu vernichten. Allerdings lebe ich seit eineinhalb Jahren in Stuttgart mit einem Vegetarier zusammen und habe auch zeitweise mit einer Veganerin zusammen gelebt. Aus praktischen Gründen reduzierte ich daher meinen Fleischkonsum zu Hause. Auch ließ es sich nicht vermeiden, dass ich viel über die ethischen, sozialen und ökologischen Beweggründe des Verzichts auf tierische Produkte erfuhr, und, noch viel schlimmer, vermehrt daran zu zweifeln begann, dass meine Lebensweise mit meinen Idealen zu vereinbaren war. Aus diesem Grund stürze ich mich nun für mindestens einen Monat in diese „extreme“ Lebensweise, um für mich herauszufinden, wie ich glücklich leben kann ohne meine Augen vor der Realität verschließen zu müssen.
Begleitet und Angeleitet wurden sie von Andreas von der Tierrechtsinitiative Stuttgart. Andreas lebt schon lange vegan und hat die Gruppe unterstützt.
Andreas, 32, Überzeugungstäter: Warum vegan?
(TIRS = Tierrechtsinitiative Stuttgart)
Veganer. Das sind die, die jedem das Essen madig reden. Jedem ein schlechtes Gewissen machen wollen. Die Welt schwärzer malen, als sie ist. Total radikal, verständnislos und respektlos ihren Mitmenschen gegenüber.
Vegetarier sind okay. Viel gemäßigter. Rücksichtsvoll. Seit meinem zehnten Lebensjahr bin ich selbst einer. Seit ich über einen Fernsehbericht erfuhr, dass das Wörtchen „Tiertransport“ in unserer Gesellschaft mit Tierquälerei gleichzusetzen ist. Die Bilder von der an einem Bein aufgehängten Kuh, die mit weit aufgerissenen Augen durch die Gegend blickt und panisch schreit, habe ich heute noch im Kopf. Die Worte meines Vater dazu, der für einen Zehnjährigen eigentlich Bezugsperson sein sollte, ebenso: „Das ist halt so“.
Damals hatte ich erstmalig erfahren, wenn auch noch nicht verstanden, wie tief verwurzelt speziesistische Diskriminierung nichtmenschlicher Tiere in unserer Gesellschaft verankert sein muss, wenn offensichtliches Leid anderer mit derartiger Gleichgültigkeit quittiert wird. Würde jemand dasselbe einem Menschen antun, wäre es schlimm. Ganz bestimmt.
Dennoch war der Weg für mich klar: Keine Tiere mehr essen, das heißt für niemandes Tod verantwortlich sein. Also vegetarisch. Milch ist okay, denn es tut den Kühen ja nicht weh, wenn man ihnen etwas Milch nimmt und ihnen dafür Unterkunft und Essen bietet. Fairer Tausch. Eier sind okay, denn sie sind ja noch nicht befruchtet, also muss dafür auch niemand sterben. Und die Hühner legen sie ja sowieso. Selbst ein Zehnjähriger versteht das.
17 Jahre lang hatte ich diese Erkenntnis nicht hinterfragt – bis die Realität meine Unwissenheit einholte. Es begann mit der Erkenntnis, dass Käse nicht immer vegetarisch sein muss; aufgrund des tierischen Labs. Dann folgte ein Wochenende der Internetrecherchen. Milch ist nicht okay. Kuh-artige Tiere, die so überzüchtet sind, dass sie zehn mal so viel Milch geben, wie gesund für sie ist, stehen unter Dauerstress, bekommen Euter-Entzündungen und Osteoporose (weil das Kalzium der Milch aus den Knochen der Kuh kommt). Zudem erleben sie fünf bis sechs Mal das Trauma, wenn einer Mutter ihr Kind entrissen wird. Einmal als Kind, und mehrmals als Mutter, bis sie dann nach einem Bruchteil ihrer natürlichen Lebenserwartung doch gewaltsam getötet werden. Eier sind nicht okay. Wer das zweifelhafte Glück hat, männlich zu sein, wird direkt nach der Geburt getötet. Geschreddert oder vermust. Die Schwestern der jungen Hähne sind hochgezüchtete Turbohühner und legen fünf mal so viele Eier, wie gesund für sie ist. Sie können gar nicht anders. Wenn die Leistung nachlässt, passiert dasselbe wie bei den Kühen. Mord im Akkord in den Schlachthäusern.
Ich fühlte mich hilflos. Und ich war verdammt wütend darüber, dass die landwirtschaftliche Industrie – pardon, die Tierausbeutungsindustrie mit ihren Lobbys und Marketingagenturen und zig Millionen an Werbemitteln – diese Realität 17 Jahre lang so gut vor mir geheim halten konnte. Propaganda verbreitende Bastarde. Wieso dürfen die das? Wieso hindert die niemand daran?
Aber wem mache ich einen Vorwurf, wenn ich selbst 17 Jahre lang nicht in der Lage war, mich zu informieren. Spätestens, seit es das Internet gibt, ist die Realität doch jedem halbwegs gebildeten Menschen zugänglich. Vielleicht war es vielmehr die unterschwellige Angst vor der Erkenntnis und den Konsequenzen, die 17 Jahre lang mein Gewissen ruhig hielt und mich die Propaganda schlucken ließ. Denn irgendetwas war doch schon immer faul.
Wieso geben Kühe eigentlich ihr Leben lang Milch? Säugetiere geben Milch für ihren Nachwuchs. Kühe sind keine Ausnahme. Selbst ein Erwachsener versteht das. Fragt er sich auch, wo der männliche Nachwuchs hin geht, wenn er keine Milch gibt? Aber irgendwie wird es doch schon passen, deshalb war Milch okay.
Und warum legen Hühner täglich ein Ei? Andere Vögel haben maximal zwei Gelege im Jahr mit einer handvoll Eiern. Haben ausgerechnet domestizierte Hühner so viel Spaß daran, täglich einen merklichen Teil ihrer eigenen Körpermasse und mit ihm viele Vitamine und Mineralstoffe auszuscheiden? Und sind Hühner natürlicherweise immer weiblich? Vermutlich nicht, aber lieber nicht weiter hinterfragen, denn die Erkenntnis könnte unbequem sein.
Die Erkenntnis, dieses Recherchewochenende, war unbequem. Wie sollte ich vegetarisch leben, ohne für so viel Angst, Schmerz und Tod verantwortlich zu sein? Es war praktisch unmöglich, denn selbst Bio-Höfe sind meist nichts anderes als Todestrakt mit Sonderkonditionen. Und dennoch dauerte es, bis ich die Antwort darauf eingesehen hatte. Obwohl sie doch auf der Hand lag: Einfach keine Milch und keine Eier mehr essen.
Kein Joghurt, Pudding, Butter, Sahne, Nudeln, Schokolade, Gebäck oder Kuchen mehr. Und keinen Käse. Nie mehr Pizza, Lasagne, Risotto oder leckere, überbackene Gratins. Ja, es war verdammt unbequem, diese lieb gewonnen, abwechslungsreichen, schmackhaften, tierquälerischen Gewohnheiten binnen zwei Tagen über Bord zu werfen. Hätte ich es jedoch nicht getan, wäre meine beabsichtigte Rücksichtnahme auf meine nichtmenschlichen Mittiere in den letzten 17 Jahren nur pure Heuchelei gewesen, denn jetzt kannte ich ja die Realität, jetzt konnte ich mich nicht mehr hinter zurecht gezimmerten Heile-Welt-Fassaden verbergen.
Ich lebe seit Herbst 2007 vegan. Ich hatte mich damals erstmals ernsthaft und ohne Vorurteile mit Veganismus auseinander gesetzt und verstand plötzlich: Veganer. Das sind die, die erkannt haben, was abgeht. Die wissen, dass nicht nur an Fleisch, sondern auch an Milch und Eiern Blut klebt. Die nicht die Hunderte Millionen Tonnen Fleisch, Milch oder Eier, sondern die zig Milliarden Individuen dahinter sehen, die der Industrie jährlich zum Opfer fallen – mehr als alle Kriege, Seuchen und Hungersnöte der gesamten Menschheitsgeschichte je gefordert haben.
Veganer malen die Welt nicht schwärzer, als sie ist, sondern haben ihre selbst-schützenden Mauern davor abgebaut, sich ihr gestellt. Sie nehmen endlich die moralische Verpflichtung eines jeden vernunftbegabten Wesens wahr und haben aufgehört, Wehrlosen aus niederen Beweggründen Leid zuzufügen. Weil sie die Missstände in unserer Gesellschaft nicht länger hinnehmen. Weil sie etwas dagegen tun wollen.
Deshalb unterstütze ich das Projekt der BUNDjugend mit meinem Wissen und meiner Erfahrung, damit die unbequeme Erkenntnis für junge Leute etwas einfacher wird. Denn die Zeit hat mich gelehrt: Veganismus ist kein Verzicht, sondern ein Gewinn. Nicht nur ein Gewinn neuer schmackhafter Gewohnheiten, denn fast alle Lebensmittel haben ihr veganes Pendant; sondern auch ein Gewinn an Gewissheit, endlich das einzig rechte zu tun. Aus Respekt vor unserer Mitwelt. Aus Liebe zum Leben.
Erfahrungsberichte aus dem 1-Monat-vegan-Projekt
In dem Monat vegan haben die Versuchskaninchen so einige Erfahrungen gemacht, welche sie natürlich gerne mit euch teilen. Schaut euch gerne die spannenden Berichte an.
“ Wie erfährst du auf einer Party, dass jemand Veganer ist? – Er erzählt es dir!“ Ohhhhhh ja. Das kann ich in meinem Fall nur so was von bestätigen. Seit ich mich vegan ernähre, hab ich totalen Mitteilungsbedarf. Hauptsächlich, um Mitleid zu kassieren. Jaja, ich weiß, dass das nicht der Sinn der Sache ist (und meistens funktioniert es eh nicht, weil man eher ausgelacht als bedauert wird), aber ich muss eben erzählen, warum ich die ganzen leckeren Sachen jetzt gerade nicht essen will, damit mich nicht alle für bescheuert halten.
Obwohl, inzwischen bin ich eigentlich dazu übergegangen, immer zu sagen, ich mache „1 Monat nur Fleisch“, dann sind die Leute fast erleichtert, wenn ich später einfließen lasse, dass es nicht stimmt und eigentlich nur „1 Monat vegan“ ist. Schön, dass die meisten Menschen es noch absurder finden, sich nur von Fleisch zu ernähren, als komplett ohne tierische Produkte.
Lustig ist allerdings, dass man ständig (unveganes) Essen von Leuten angeboten kriegt, denen man schon tausendmal gesagt hat, dass man sich gerade vegan ernährt.
Dann kommt: „Ach, nimm doch noch was, ist doch genug da!“
Ich: „Nee, sorry, das ist alles nicht vegan!“
Andere Person: „Aber vielleicht noch einen Joghurt?“
Hä???
Vielleicht sollte ich mir ein Schild an die Stirn kleben:
„Ja, ich gehöre (vorübergehend) zu der seltsamen Gruppierung der so genannten „Veganer*innen“. Ich esse nichts, was aus Tieren gemacht wurde oder woran Tiere grundlegend beteiligt waren. Bitte bieten Sie mir deshalb keine Nahrungsmittel mit tierischen Inhaltsstoffen an! (Ja, Molkeerzeugnis und Volleipulver gehören auch dazu.) Tipp: Inhaltsstoffe lesen hilft.“
Oder einfach: „Hört auf, mich füttern zu wollen – ich bin doch nicht euer Haustier!“
Naja, wie dem auch sei, irgendwann ignoriert man einfach alles und versinkt in seiner eigenen, kleinen Welt, in der alles nur aus Pflanzen besteht. Da ist es schön, da kann man sich dann in Ruhe selbst bedauern.
Obwohl, ich muss sagen, dass ich wirklich viel abwechslungsreicher esse, als vor dem „1 Monat vegan“-Projekt. Das liegt vielleicht auch an meiner tollen Idee, wenige Grundzutaten interessant und immer wieder neu zu kombinieren.
Und zwar kam mir die Idee, als ich Sudokus gelöst habe. In jeder Reihe und Zeile darf eine Zahl nur einmal vorkommen. Also hab ich ein Rechteck mit 25 kleinen Kästchen gezeichnet und in jedes Kästchen kam eine Zutat.
Die Zutaten sind aufgeteilt nach:
Beilage (Nudeln, Reis, Cous-Cous, Bulgur und Kartoffeln),
2 Kategorien Gemüse und so Kram (da hab ich das genommen, was wir meistens da haben – Brokkoli, Zucchini, Auberginen, Spinat, Karotten / Pilze, Mais, Paprika, Tomaten, Oliven),
Zubereitungsart (Im Ofen, in der Pfanne, als Salat, als Suppe, als Auflauf)
und Soßen/Sonstiges (Gemüsebrühe, Tomatensauce, Sojasahnesauce, Käse-Ersatz, Tofu-Schnetzel).
Anschließend hab ich alles so in die Kästchen sortiert, dass in jeder Reihe waagrecht, senkrecht und diagonal von jeder Kategorie nur jeweils eine Zutat zu finden ist.
Es ergibt sich jetzt also in jeder Reihe eine ganz neue Kreation eines veganen Gerichts.
Dieses logistische Meisterwerk möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Tatatata… *trommelwirbel* bitteschön:
Reis | Brokkoli | Mais | als Salat | Tomatensoße |
als Auflauf | Käse-Ersatz | Nudeln | Zucchini | Oliven |
Aubergine | Paprika | in der Pfanne | Tofu-Schnetzel | Cous-Cous |
Sojasahnesoße | Kartoffeln | Spinat | Karotten | im Ofen |
Tomaten | als Suppe | Gemüsebrühe | Bulgur | Pilze |
Also als Beispiel (1. Spalte): Reis mit Auberginen, Tomaten und Sojasahnesoße als Auflauf.
Auch, wenn manche Kombinationen etwas verrückt klingen und auch schmecken^^ (bzw. teilweise unmöglich sind), find ich die Idee trotzdem ziemlich cool. Wer es ausprobieren will: Viel Spaß beim Nachkochen! 😀
Ein Monat vegan – das ist schwerer als ich dachte!
Wenn man schon so ein Experiment macht, will man dann auch wenigstens konsequent sein, dachte ich. Pustekuchen! Der Morgen des 1. Mai begann mit Ausschlafen und einem gemütlichen Frühstück/Mittagessen. Vegan natürlich, kein Problem… Unser Salat mit dem weißen Balsamicoessig schmeckte wunderbar, genauso wie der Apfelsaft den wir tranken – moment! Wird Apfelsaft nicht mit Gelatine geklärt? Meine Recherche hat ergeben: Ja, mancher, genauso wie mancher Essig, mancher Wein… und wenn man nicht beim Hersteller nachfragt ist es unmöglich herauszufinden, was vegan ist und was nicht.
Nach ein paar Tagen auf Apfelsaft grundsätzlich verzichten, habe ich beschlossen, in dieser Sache nicht ganz so konsequent zu sein. Aber nur in dieser!
Als nächstes kam die Honigfrage: Ich habe beschlossen, Honig nicht mehr mit in den Monat einzubeziehen. Einfach deshalb, weil (Honig)Bienen für unser Ökosystem mittlerweile unverzichtbar sind, und weil ich es nicht sinnvoll finde, statt Biohonig, von den Bienen einer Bekannten hergestellt, Agavendicksaft aus Mexico oder so zu konsumieren.
Es folgten noch einige weitere Erkenntnisse, die ich so einfach nicht mehr in der Lage war umzusetzen: Dass manche Brezeln mit Schweineschmalz bestrichen werden. What the f…??? Toll, und wenn ich in der Uni in die Cafeteria gehe, finde ich dort: Belegte Brötchen mit Wurst. Belegte Brötchen mit Käse. Croissants. Muffins, Kuchen, Schokoriegel, verschiedene Milch-Kühlprodukte, und, ja genau: BREZELN und Obst. Auf die Frage wie die hergestellt sind, können mir die Leute dort eh keine Antwort geben, also komme ich zu dem Motto: Was ich nicht weiß…genau. Sonst könnte ich ja gar nichts mehr essen….
Überhaupt die Uni: Daheim fällt es mir kaum schwer, vegan zu leben. Gut, manchmal verlockt mich die frische Milch im Kühlschrank meiner Eltern, oder der Mozarella, oder der Schokoaufstrich, oder… ja gut, aber meistens fällt es mir nicht schwer. Aber wenn man unterwegs is(s)t, so wie ich manchmal den ganzen Tag, dann ist es echt kompliziert. Immerhin, die Mensa der Uni Tübingen hat im letzten Jahr einen Vegan-Tag eingeführt: Das heißt, Donnerstags kann ich beim Mittagessen in der Uni Veganerin sein. Aber was ist mit Montag, Dienstag, Mittwoch und Freitag??? Da sitze ich häufig im Speisesaal, vor mir ein Schälchen mit dem immer gleichen Salat (mit normalem Essig angemacht -.-) und vielleicht noch meinem mitgebrachten Sojaschokopudding – zu mehr hat die Vorbereitungszeit nicht gereicht.
In solchen Momenten bin ich sicher, dass ich mit Juliane als “nörgeligste Veganerin aller Zeiten“ locker mithalten kann. 😉 Dementsprechend haben das jetzt auch fast alle mitbekommen.
Dafür bin ich wirklich positiv überrascht von den Reaktionen meiner Umwelt. Ich hatte eigentlich vor, euch gaanz viele mehr oder weniger lustige und kluge Sprüche zu präsentieren, aber so viele habe ich gar nicht. Klar, am Anfang kamen Kommentare wie „und wann wirst du Frutarier?“ (gibt es eigentlich wirklich Leute, die das ernsthaft machen?) und regelmäßig kommt die Aussage „Das darfst du doch gar nicht essen!“ Schön, dass IHR so genau darüber Bescheid wisst, was ICH essen darf und was nicht!
Überhaupt ist es recht häufig Thema beim Mittagessen. Aber ich fange ja auch selbst an darüber zu reden und freue mich auch wenn es ein Gesprächsthema ist. Ich habe auch schon einige wirklich verständnisvolle und freundliche Reaktionen bekommen, und die Leute die es nicht verstehen können, halten sich mit Kommentaren netterweise zurück. 😉
Vor den Keksen, nach denen ich reflexartig gegriffen habe und die in meinem Mund gelandet sind, bevor ich auch nur denken konnte, hat mich aber keiner gerettet. Möp.
Nach einem komplizierten Start und einigem Frust in den ersten Tagen wurde mein veganes Herz beglückt durch den wunderbar besten Falafelladen in Tübingen (die Kichererbse), den Gummibärchenladen mit veganen Gummibärchen und tolle Mitbewohner und Freunde die super lecker kochen. 🙂
Mein veganes Außenseiterdasein kann auch wirklich Spaß machen… Es ist auf jeden Fall was besonderes und in der richtigen Umgebung fühlt man sich sehr abgefahren.
Wer weiß, vielleicht werd ich auch danach noch immer wieder vegane Zeiten einlegen…
Ja, ich muss sagen das Vegan-Sein war weniger stressig als ich erwartet hatte. Vegane Schoko-Cookies, ganz viel Reis & Couscous und viele neue Erkenntnisse über das Weltbild der Menschen in meinem Umfeld…
Letzte Woche war Vegan-Dinner in Stuttgart…und was mir die anderen alles erzählt haben erstaunt mich doch schon sehr. Ich habe nicht annähernd so viele Probleme mit dem Vegan-Sein wie meine Mitstreiter. Ich merke schon fast gar nicht mehr, dass ich manche Sachen nicht essen kann, außer halt wenn ich irgendwo hin gehe, wo es was zu essen gibt.
Manchmal hasse ich es einfach nachzufragen ob irgendwas vegan ist, besonders wenn ich weiß, dass derjenige sich voll viel Mühe gemacht hat und dann isst man es nicht :/
Die Sojamilch im morgendlichen Kaffee und die Margarine auf dem Brot sind schon so selbstverständlich wie auch veganer Aufstrich auf dem Schulbrot, was ich sowieso vorher auch häufig gegessen habe. Also dort fällt es gar nicht auf, dass ich das ganze andere unnötige Zeug nicht mehr esse und ich bin auch nicht die Sorte Veganerin, die überall rum erzählt, was ich mache. Meine engeren Freunde haben sich damit abgefunden und teilweise finden sie es richtig gut, (Kommentar meiner Cousine: „WOW!! Wie hältst du das durch? Ich schaff es ja noch nicht mal, zwei Wochen Vegetarierin zu sein und du bist VEGANERIN!“)
Ich möchte in meiner Klasse nicht noch mehr mein Öko-Image aufpolieren, obwohl ich sowieso manchmal glaube, dass da alles verloren ist… und vor allem will ich nicht, dass sie denken, ich halte mich für was Besseres. Ich sage natürlich trotzdem manchmal meine Meinung, wenn das Thema zur Sprache kommt und die Anderen so komplett schwachsinniges Zeug von sich geben. Ich bin zu der Auffassung gekommen, dass es nichts bringt, missionieren zu wollen und deshalb lass ich es auch… meistens.
Das es bei mir so einfach ist, habe ich vor allem meiner Mutter zu verdanken, welche mir immer alles hinterherträgt und sehr darum bemüht ist, das Essen so vegan wie möglich zu machen, zum Beispiel mit Sojasahne und so. Da hab ich echt Glück gehabt; allein unter Fleischessern wäre ich echt aufgeschmissen gewesen.
Probleme gibt’s natürlich trotzdem, letzte Woche war ich im Supermarkt (Edeka, also böse). Ich bin sauer auf deren Scheiß-Sortiment, warum kann niemand Rücksicht drauf nehmen wenn man sich anders ernährt?! Gut es gibt ein Soja-Produkte-Regal, wo natürlich mein neuer Lieblingspudding ausverkauft war- aber trotzdem, kaum Gummibärchen ohne Gelatine und wenn dann auch nur diese ekelhaften Joghurt-Gums (nicht vegan). In der Zartbitterschokolade Butterreinfett und im Ausroll-Pizzateig Magermilchpulver! Und ich frag mich immer nur: Warum macht es uns diese scheiß Lebensmittelindustrie so schwer, einer von den „Guten“ zu werden? Wo es doch so einfach wäre, Pektin in die Gummibärchen reinzutun (schmeckt übrigens besser als Stärke) und diesen ganzen anderen unnötigen Quatsch einfach draußen zu lassen!
Und sogar da wo man keine Chance hat sich zu wehren, weil man es gar nicht schafft, die Inhaltsstoffliste zu lesen (zum Beispiel an einem dieser überteuerten Bahnhofs-Getränkeautomaten) mischen die dieses verdammt Zeug rein.
Ich hab nur Coca-Cola Sachen gesehen, soweit das Auge reicht. Da aber meine Mitreisenden ganz viel Durst hatten, habe ich trotzdem eine Flasche Bonaqua (1.50€!!!) gekauft und eben Eistee (das einzige nicht von Coca-Cola). In diesem bescheuerten Eistee war doch tatsächlich 50%(!) Molkenerzeugnis drin…
Manchmal muss ich mich echt beherrschen nicht wieder rückfällig zu werden (Erdbeersahnekuchen…ahhhh…Hilfe!) aber im Großen und Ganzen habe ich bisher fast nur positive Erfahrungen gemacht und ich glaube nicht, dass sich das noch ändert 😀
Ich glaube, wenn man alleine wohnt, einen Job hat, der nichts mit Menschen zu tun hat und man außerdem keine Freunde hat, dann ist es absolut machbar, sich vegan zu ernähren, denn an das Durchlesen der Inhaltsstoffe auf allem, was man kauft, die eingeschränkten Kochmöglichkeiten und für alles immer einen pflanzlichen Ersatz zu wählen (Sojamilch, Margarine, Bitterschokolade etc.) gewöhnt man sich recht schnell.
Aber jeder Umstand, der von diesem Grundkonzept der unproblematischen veganen Ernährung abweicht, macht die Sache echt kompliziert (außer, man ist auf einem unglaublich guten FÖJ-Seminar, dort gibt es immer irgendwas Veganes zu essen). Ansonsten ist es wirklich nicht so einfach…
Ständig wird man schief angeschaut, wenn man erst mal die Zutatenliste lesen möchte oder das Essen, das extra und mit viel Mühe gekocht wurde, kritisch beäugt und schließlich fragt, ob das vegan sei.
Da ist schon Problem Nummer 2, denn meistens ist es das nicht. Während man als Vegetarier*in einfach das Fleisch beim Essen weglassen und den Rest problemlos essen kann, ist es relativ unmöglich, das Ei aus dem Kuchen rauszukriegen oder die Sahne aus der Soße zu destillieren (geht das überhaupt? oder müsste man so was zentrifugieren, um die Sahne vom Rest zu trennen?!). Auf jeden Fall macht man so was eben nicht mit Essen und deshalb geht man als Veganer*in meistens leer aus, wenn man sich nicht vorausschauend ein belegtes Brot oder einen Salat mitgebracht hat. So hab ich das zum Beispiel beim Kindergartenfest meines Neffen gemacht. Während alle sich am Buffett den Bauch mit den ganzen leckeren Sachen vollgeschlagen haben, saß ich da und hab mein Brot mit Auberginenaufstrich gegessen. Jaja, lecker war’s auch, aber noch leckerer wär’s gewesen, wenn ich das nicht die zwei vorausgehenden Tage auch schon ständig gegessen hätte. OK, das ist meine eigene Schuld, aber trotzdem – man kommt sich schon immer etwas separiert vor.
Dafür hatte ich beim Sommerfest der Jugendfarm, auf der ich arbeite, weniger Probleme als gedacht. Für alle Helfer*innen gab es nämlich Chili con carne und für die Veggis einen extra Topf ohne Fleisch und DAS WAR VEGAN! Ich hab mich gefreut wie Schnitzel (Sojaschnitzel versteht sich). Nur, dass ich die Crêpes, die die ganze Zeit so gemein gut geduftet haben, nicht essen konnte, hat mich dann ein bisschen geärgert.
Allerdings hab ich festgestellt, dass ich seit dem Beginn des Experiments viel bewusster esse. Normalerweise bin ich so ein „mir ist langweilig, deshalb geh ich zum Kühlschrank und guck mal, was drin ist“-Mensch, stopfe also ständig völlig unnötigerweise irgendwelches Zeug in mich rein. Seit ich mich vegan ernähre, fällt das weg (weil einfach so gut wie nix da ist, zum zwischendurch essen). Andererseits weiß ich jetzt nicht mehr, was ich machen soll, wenn ich Langeweile habe.^^
Seit Anfang Mai hab ich mich wirklich fast immer dran gehalten, keine tierischen Nahrungsmittel zu mir zu nehmen. Es gab einige winzige Ausnahmen:
Beim FÖJ-Seminar war Honig in der Salatsoße – wer denkt denn an so was?
In einer Tomatensoße, die noch offen im Kühlschrank stand, ist zwar in der Zutatenliste nichts aufgeführt, aber drunter steht „Enthält Milch“. Grrrrr…
Vor unserer Farmfest-Aufführung letzten Samstag (die ich moderieren sollte), war ich total heiser und meine Stimme hat sich ziemlich bescheuert angehört. Nachdem mir gefühlte tausend Leute gesagt haben, dass da heiße Milch mit Honig hilft und ich jedes Mal versucht hab, mit Zeichensprache klar zu machen, dass das vegan ein bisschen schwierig wird, hab ich schließlich doch zwei Löffel Honig gegessen. Stimme geheilt – Show gerettet… 😀
Ich muss sagen, dass ich das Experiment immer noch gut finde, obwohl ich vermutlich die jammernste Veganer*in aller Zeiten bin (aber ich muss einfach immer, wenn das so gut riecht sagen, dass ich das jetzt ja soooo gern auch essen würde… und ja, ich will auch Mitleid haben^^)
Übrigens, letzten Sonntag, am Muttertag, wollte mich meine Schwester zum Muttertags-Brunch einladen. Während unseres Gesprächs sind wir dann gemeinsam zum dem Ergebnis gekommen, dass das wenig Sinn macht, weil sie wahrscheinlich kaum was Veganes zu Essen haben. Dann war ich halt wieder ausgeladen…
Von den Freunden verlacht, von der Familie verstoßen – was für ein tragisches Schicksal. Naja, ganz so dramatisch steht es zum Glück noch nicht. Aber spannend ist der Monat bisher allemal – also eigentlich kann ich es nur empfehlen, so was mal zu machen. Auch, um die verschiedenen Reaktionen der Leute mitzukriegen, was ich hier jetzt gar nicht alles aufschreiben kann. Die wahren Freunde lernt man eben erst kennen, wenn man sich vegan ernährt ;).
Obwohl ich es tatsächlich lächerliche anderthalb Monate nicht geschafft habe, einen Text für unseren Blog zu schreiben, möchte ich doch auch noch mal hier erzählen, warum der Mai wundersamer Weise zum unvegansten Monat meines immerhin über einjährigen Vegan-Seins wurde.
Nun, das „wundersame Weise“ aus dem vorherigen Satz kann durchaus mit „ziemlich stinknormaler, aber etwas heftiger grippaler Infekt“ ersetzt werden – eine Woche vorm ersten Urlaub mit Familie und Freund seit über 10 Jahren. Mein Stresspegel war sowieso hoch, weil in der Uni einiges anstand, mein Geldbeutel so leer, wie er gegen Monatsende eben oft ist und meine Vorfreude ähnlich hoch wie der eines Kleinkindes vor Weihnachten. Ganz ehrlich, als meine Mama mir Hustensaft brachte, schwelgte ich bereits in diversen Urlaubsfantasien und der Honig drin war mir größtenteils scheißegal. Ich habe ihn löffelweise genommen und nicht ernsthaft dran gedacht, mir irgendwoher veganen Ersatz zu besorgen. Auch Hustenbonbons mit Honig, die ich geschenkt bekam, habe ich dankbar gelutscht, obwohl da Ersatz deutlich einfacher und günstiger zu haben gewesen wäre. Nun, Honig ist ja sowieso eines der tierischen Produkte, mit denen viele Veganer*innen, die ich kenne, tendenziell locker umgehen und dafür von den Hardlinern bestenfalls belächelt werden.
Normalerweise, also in gesundem Zustand, meide ich auch Honig (und das ist oft insbesondere im Bio-Bereich, wo Honig als natürliches Süßungsmittel benutzt wird, äußerst nervig), wobei ich feststellen musste, dass vielen Leuten das so gar nicht einleuchtet. Wenn ich ihnen erkläre, dass Bienen an ihrem natürlichen Schwärmverhalten gehindert werden und ganze Bienenstaaten bei sinkender Profitabilität abgebrannt werden (Edit: Das sind in der europäischen Hobby- und Erwerbsimkerei keine gebräuchlichen Methoden.) Wie es in riesigen amerikanischen Industriebetrieben aussieht, ist wohl schon eine andere Sache. Jedenfalls gilt bei Honig (wie so oft im Leben): Keine vorschnellen Urteile, lieber nachforschen und -fragen! ;)), nicken die meisten unüberzeugt und denken sich wohl so etwas wie „Das Gör und seine wohlständischen Luxussorgen…“ Ich habe allerdings auch von einem Öko-Honig-Projekt gelesen, bei dem die Bienen schwärmen durften und nicht abgebrannt werden (bei Bio-Honig ist das keinesfalls so!) – Honig aus dieser theoretischen Quelle würde ich zu mir nehmen. Daraus folgt natürlich, dass ich klassisch pathozentrisch motiviert bin, also alle Wesen, die Leid empfinden einen moralischen Status zukommen lasse und Leid möglichst vermeiden möchte (das ist eine Komponente des Utilitarismus, trotzdem bin ich definitiv keine Utilitaristin ;)).
Mir ist Respekt vor Leben wichtig und das heißt, jedem ein möglichst gutes und langes Leben zu ermöglichen. Ich war gerade geneigt, „artgerecht“ zu schreiben, doch damit hätte ich mir selbstverständlich selbst ein fettes Bein gestellt. Dieses Wort wird in unglaublicher Weise missbraucht, um die Tötung Milliarden von Tieren zu rechtfertigen – was ich damit sagen will, ist, dass unterschiedliche Tiere unterschiedliche Bedürfnisse haben und dass Symbiose durchaus möglich ist. Tierhaltung sehe ich in vielen Fällen sehr kritisch – aber nicht nur der Mensch, sondern auch andere Tiere sind ihrer primären Natur viel zu stark entfremdet, um ein „natürliches“ Leben haben zu können. Veganismus ist für mich primär ein tägliches, gelebtes Statement gegen eine pervertierte Industrie und ein Ausdruck meiner persönlichen Lebensphilosophie – aber kein Dogma und keine moralische Profilierung, in welcher Weise auch immer. An dieser Stelle könnte ich jetzt noch lange weiterschreiben, aber ich will stattdessen lieber noch kurz auf meine Erfahrungen in dem bereits erwähnten Urlaub eingehen.
Spanien – da dachte ich naiver Weise an traditionelle mediterrane Küche basierend auf Hülsenfrüchten, Getreide, Gemüse und Obst und etwas Fisch. Also ganz wunderbar veganisierbar! Tja, das war vor der beschleunigten Globalisierung vielleicht so! Nachdem weltweit vier Nahrungsmittelhersteller 80 % Marktanteil haben, fand ich in Spanien dieselbe Scheiße wie in deutschen Supermarkt-Regalen. Teuer importiert. In einer touristisch geprägten Gegend ja auch nicht allzu verwunderlich. Doch auch auf diversen Ausflügen ins Hinterland in kleine, ursprüngliche Restaurants war ich bitter enttäuscht. Viele Speisekarten boten gegrilltes Gemüse an, das war dann auch das einzig vegetarische (und zufälligerweise vegane) Gericht. Sonst ausschließlich Fleisch- und Fisch-Gerichte. Auf einem gemischten Salat war selbstverständlicher Weise Thunfisch, in der Paella, die man ohne Fisch bestellt, diverse andere Meerestiere (okay, das war eine Bildungslücke von mir – traditionelle Paella enthält eben Fisch und Muscheln). Den ersten Tofu fand ich nach einer Woche, 100 g für sagenhafte fünf Euro. Anfangs habe ich viel vegetarisch gegessen (wir haben meistens selbst gekocht), irgendwann dann überwiegend Erdnussbutter, die als niederländisches Import-Monster-Glas günstig zu haben war. Vegetarische Brotaufstriche gab es nicht, ich hab irgendwann Tomatensauce aufs Brot gegessen. Dazwischen standen allerdings noch einige Trotz-Phasen-ähnliche Wutausbrüche. Im Urlaub immer Couscous und Linsenaufstrich machen, dazu war ich zu faul. Wenigstens ist mein Freund Vegetarier und ich hatte eine Art Verbündeten. Meine Familie reagierte auch überwiegend verständnisvoll, wenn auch mit Augenrollen. Ich sah es einfach nicht ein, im Urlaub die Konzern-Scheiße zu essen, die ich zu Hause so konsequent vermied. Als ich wieder in Stuttgart war, war ich das erste Mal froh, wieder in Deutschland zu sein – wenn auch nur aus kulinarischen Aspekten (…ja, wie kann das keine Ironie sein?!). Auch wenn ich im Alltag immer wieder auf diese gefühlt so lahmarschigen Schritte Richtung Reduktion tierischer Produkte schimpfe, muss ich zugeben, dass Deutschland wirklich eine Vorreiter-Rolle einnimmt und Vegetarismus schon eine Selbstverständlichkeit ist (seine Existenz, nicht das Praktizieren – das wäre ja noch mal schöner ;)).
Momentan ist meine vegane Welt wieder schön zurecht gerückt und ich lebe glücklich mit meinem Seitan, Avocados und Hefeflocken. Auch habe ich es mir mittlerweile komplett abgewöhnt, unvegane Kosmetik zu kaufen. Leder kaufe ich nach wie vor gebraucht, Seide kommt mir nicht mehr in die Tüte (okay, das schon, als mir eine alte Frau aus Tadschikistan erzählte, wie sie als junges Mädchen Raupen-Kokons in kochendes Wasser warf) und es wird immer selbstverständlicher für mich, vegan zu leben. Aber schon Aristoteles wusste ja, dass man sich an Tugend eben langsam gewöhnen muss…
Der Monat begann für mich mit einer elftägigen Tour mit meinem Bigband Orchester. 30 Musiker*innen, davon zwei Vegetarier*innen und nur ein Veganer: Ich. Nicht die beste Ausgangssituation. Doch ein Zurück gab es nicht.
Während der Tour aßen wir meist alle zusammen in Wirtshäusern oder kochten mit dem Gasgrill auf Autobahnraststätten. Es musste vor allem schnell gehen. Eine Band darf es sich schließlich nicht erlauben, zu spät zu ihrem eigenen Auftritt zu erscheinen.
Am zweiten Tag bereits stand ich vor einer großen Herausforderung. Nachdem ein Auftritt in einem Coburger Biergarten wegen des schlechten Wetters ausgefallen war, verbrachten wir den Nachmittag im Schwimmbad. Ich denke, ich brauche nicht zu erwähnen, dass körperliche Aktivität verdammt hungrig macht.
Diesen Hunger nahm ich mit zu dem üppigen Buffet, zu dem wir abends eingeladen waren. Reis, gefüllte Weinblätter, verschiedenste Salate und weitere verlockend aussehende und riechende Vor-, Haupt-, und Nachspeisen waren aufgetischt. Wie schlimm war die Erkenntnis, als ich erfuhr, dass nur ein einziger Salat vollständig vegan war. Sogar der Reis war mit Butter vermischt.
So gutes Essen. Und so unvegan. Es war ein Kampf mit mir selbst. Den Schöpflöffel in der Hand haltend stand ich vor dem zweiten Salat mit Hähnchenstreifen und hörte die Stimmen in meinem Kopf, während die Leute hinter mir in der Schlange ungeduldig warteten:
Teufelchen: Komm, eine Ausnahme… nur heute. Morgen isst du zum Frühstück wieder ganz brav dein Müsli mit Reismilch und Apfel. Aber dieses Essen kannst du dir doch echt nicht entgehen lassen!
Engelchen: Nein bleib stark! Was hat dein Ex Zivi-Chef Bernd immer gesagt? „Entweder scheißen oder owe vom Topf. Hoibat schwanger gibt’s ja a ned!“
Teufelchen: Dass du gerade jetzt mit dem Bernd kommst! Der würde dem Chris was erzählen, wenn er wüsste, auf was für bescheuerte Ideen er im Schwabenland kommt! Wenn der ein Essen ohne Fleisch bekommt, rührt er es nicht mal an: „Bin i a Has oda wos?“
Kurz darauf saß ich am Tisch. Einen Teller voller Salat. Dazu Brot und pflanzlichen Brotaufstrich aus meinem Nahrungsrucksack, den ich für derartige „Engpässe“ während der Tour immer bei mir hatte. Voller Neid blickte ich auf die Teller meiner Musikerkolleg*innen, die prall gefüllt waren mit den verschiedensten köstlichen Gerichten.
Beim Essen schwiegen die meisten – es war zu gut, um nebenher die Zeit mit Reden zu vergeuden. Nur an ihren Blicken konnte ich ihre Gedanken bezüglich meiner Entscheidung ablesen. Bei einigen sah ich Mitleid, bei anderen Unverständnis, wieder andere waren offensichtlich amüsiert. Doch keiner von ihnen blickte voller Neid auf meinen Teller.
Ich kenne auch einen Veganer*innen-Witz:
Frage: Wie erfährst du auf einer Party, ob jemand Veganer*in ist?
Antwort: Er/Sie erzählt es dir.
Danke Juliane, dass du meine Witze vorwegnimmst ;-)!
Ich persönlich habe jedenfalls eine andere Erfahrung gemacht. Es war mir während der Tour gar nicht möglich, das Thema für länger als einige Stunden zu umgehen, da ich regelmäßig darauf angesprochen wurde.
Einige waren einfach neugierig. Ich wurde Dinge gefragt wie „Warum machst du das?“ oder „Wie fühlst du dich dabei?“
Die meisten Kommentare aber gingen in Richtung Witze. Vor allem an den ersten Tagen kamen sie aus den losen Mundwerken anderer Bandmitglieder wie aus Maschinengewehren geschossen:
„Chris, dir ist schon klar, dass für dieses Essen das Kartoffeltier sterben musste!“
„Chris, wieso isst du eigentlich Reis? Du kannst doch auch das Gras von der Wiese essen!“
In Schweden sprach mich ein Saxophonist aus einer anderen Band auf das Frühstücksbrot an:
Saxophonist: You know that there are animal products in it?
Ich: Oh no really? What kind of?
Saxophonist: Cow, Baby-Cow, Pig and Baby-Pig
Beide: hahaha
Saxophonist: It’s so easy to make jokes about people with alternative kinds of nutrition.
Meiner Meinung nach hat er – ohne es zu wissen – etwas sehr Wahres gesagt. Die meisten Menschen, die den Veganismus kritisieren oder sich sogar darüber lustig machen, sind mit dem Thema ungefähr so vertraut wie Lukas Podolski mit molekularer Thermodynamik.
Jürgen: Chris, stimmt es, dass du vegan bist? Spinnst du? Du weißt schon, dass das total ungesund ist?
Ich: Wieso denn? Was fehlt mir denn genau, wenn ich mich vegan ernähre?
Kurze Pause…ratter…ratter
Jürgen: Vitamin F. Vitamin Fleisch.
Auch gut fand ich:
Heinz: Was??? Du trinkst Bier? Dir ist schon klar, dass da auch Lebewesen dafür sterben mussten!? Nämlich Hefen!!!!
Ich: Ja?! Champignons müssen für mich auch sterben?!
Mich überraschte, dass die vegane Ernährung aus praktischen Gesichtspunkten mit gründlicher Vorausplanung sogar in der „Extremsituation“ Tour immer möglich war. Manchmal wurden uns überraschender Weise leckere vegane Gerichte angeboten. Beim selber Kochen habe ich einfach im entscheidenden Schritt eingegriffen und tierische Produkte durch meine eigenen veganen Ersatzprodukte in meiner Portion ersetzt. In Schweden bieten die meisten Dönerläden auch Falafel mit Humussoße an. Die einzigen Probleme traten am Ende auf dem Festival in Uppsala auf. Den Bands wurde Essen angeboten, bezüglich dessen wir schon vor der Tour angeben konnten, ob es vegetarisch sein sollte. Die Auswahlmöglichkeit „vegan“ gab es nicht. So kam es, dass ich auf dem Festival dreimal tierische Sahnesoße oder Käse zu mir nahm. Das hätte ich aber umgehen können, wenn ich schon vor der Tour angegeben hätte, dass ich das Essen auf dem Festival ablehne und stattdessen mein eigenes Essen in der Stadt eingekauft hätte.
Mein Fazit: Die Tour war richtig gut, lustig und erholsam. Die Witze und Bemerkungen fand ich in den meisten Fällen lustig, in wenigen Fällen nervig. Als Veganer*in ist es auf jeden Fall von Vorteil, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen. Bemerkungen, die ich als beleidigend empfand, kamen bis auf eine Ausnahme nicht vor. Ich denke, das Verhältnis zu seinen Mitmenschen ändert sich als Veganer*in nicht wesentlich, aber man bietet Menschen, mit denen man sich ohnehin nicht versteht, definitiv Angriffsfläche.
Zurück in Deutschland habe ich mich intensiv mit dem veganen Kochen beschäftigt. Mein erstes Gericht waren Nudeln mit Pilzen. Bei der Soße habe ich meine gesamte Kreativität einfließen lassen. Das geschmackliche Resultat war ernüchternd. Auf dem anschließenden Weg zur Uni meldete sich mein Bauch. Auch auf dem Heimweg ließ er sich noch nicht beruhigen. Das vegane Kochen ist eine Kunst für sich. Aber man kann es lernen. Schon bald hat mir das Essen, das ich gekocht habe, auch geschmeckt. Von da an war veganes Leben echt einfach. Sehr toll fand ich auch das Festival „Aufstand“ von der NAJU, auf dem ich zwei Tage verbrachte. Diese „Öko-Veranstaltungen“ sind der Himmel der Veganer*innen. Nicht nur, weil das Essen dort wie selbstverständlich auf pflanzlicher Basis gemacht wird. Als Veganer*in ist man quasi der*die Profi-Fußballer*in der Öko-Szene. Man spielt gegen die Grausamkeit der Massentierhaltung, gegen den Klimawandel und den Hunger in der dritten Welt. Dass am gleichen Abend auch FC Bayern gegen Chelsea gespielt hat, wusste dort wahrscheinlich niemand. Ich kam mit einer unbekannten Person ins Gespräch.
Ich: Hey, ich bin der Chris.
Unbekannte Person: Hi. Aaah du bist doch der Chris, der bei dem Vegan-Experiment mitmacht? Ich hab im Internet deinen Text gelesen!
Kopfkino:
„Tor! Tooooor! Der Veganismus ist Weltmeister!!!!“ Unter dem tosendem Gejubel der Fans rannte ich über das Spielfeld. Die Massentierhaltung lag niedergeschlagen am Boden, der Klimawandel hatte sich bei meinem Tunnler die Beine verknotet und den Hunger in der dritten Welt hat mein Schuss mitsamt dem Netz einmal um die Latte befördert. Friede, Freude, Sojakuchen!
Vegan bleiben oder nicht!? – Das ist die Frage, die mich in den letzten Tagen beschäftigt hat.
Aber erstmal von Vorne: Nachdem mir der Einstieg in den veganen Monat echt schwer gefallen ist, hat im Lauf der Zeit dann doch der Spaß an der Sache überwogen. Es hat eine Weile gebraucht, bis ich die besten Möglichkeiten für mich herausgefunden habe – in welchen Läden ich einkaufe, wo ich meine Gummibärchen herbekomme und auch, dass es sich lohnt in der Mittagspause auf „Weltreise“ zu gehen, um ein vernünftiges Mittagessen zu bekommen. Die Mensa in der Uni ist nämlich immer noch der vegan-feindlichste Ort, den ich während des Monats erlebt habe! Außer donnerstags, aber das ist eine andere Geschichte…
Am meisten Spaß hat mir mein „Freak – Dasein“ gemacht. Manchmal ist die Rolle des*der verrückten Außenseiters*Außenseiterin einfach cool! 🙂
Im Gegensatz zu manchen meiner Mit-Veganer*innen habe ich auf jeden Fall nicht das Gefühl gehabt, in ein gemachtes Nest zu fallen, sondern im Gegenteil oft den Eindruck gehabt, dass die meisten Menschen sich GAR NICHTS unter vegan vorstellen können – weder welche Produkte tierischen Ursprungs sind, noch weshalb jemand auch nur auf die Idee kommen könnte, auf diese zu verzichten. Das Höchste der Gefühle an manchen Reaktionen war ein verständnisvolles „Laktosefrei, nicht wahr?“ – äh, nein. Aber manchmal war es mir dann auch zu anstrengend in eine lange Erklärung einzusteigen.
Mein Fazit ist auf jeden Fall, dass es seehr stark vom Umfeld abhängt. Die veganen Events, die wir geplant hatten, waren die Highlights der Zeit für mich, ebenso das Essen in meiner WG, das sowieso nahezu komplett vegan ist.
In diesen Momenten konnte ich mir gar nicht vorstellen, warum man sich anders ernähren sollte. Der Veggie Street Day in Stuttgart war eine grandiose Erfahrung – viele hundert oder gar tausende fröhliche Menschen auf einem Straßenfest, bei dem man sich wunderbar durchfuttern konnte, ohne ein einziges Mal nach den Zutaten fragen zu müssen! Mit dabei: Eine Akrobatikshow mit zwei halbnackten, „ziemlich“ muskulösen Männern, die wohl eigens dazu engagiert waren, das Klischee des veganen Schwächlings zu widerlegen^^.
Auch der Abschlussbrunch in der Sehnsuchtsküche war grandios, wenn auch etwas teuer und wenn mir auch der Zusammenhang zwischen Alkoholfrei und vegan noch nicht ganz klar ist…das Essen war jedenfalls toll, so dass ich mich am liebsten für die ganze Woche mit Vorräten eingedeckt hätte. Aber nach dem 5. Mal nachholen hat beim besten Willen leider kein Krümel mehr in meinen Bauch gepasst :-(.
Für mich hat sich deutlich gezeigt: Es fällt mir leichter, nach einem klaren Prinzip zu leben. Wirklich schwierig wurde es nämlich wieder, sobald der Monat vorbei war. Das Schokoglas im Regal lächelte mich plötzlich wieder verheißungsvoll an und flüsterte: „Du darfst wieder! Komm schon, wenn du mich jetzt nicht isst, dann tust du’s doch in ein paar Tagen sowieso, also kannst du auch gleich damit anfangen! Iss mich!“
Sollte ich wirklich beim Essen gehen mit meinen Eltern auf der Pizza den Käse weglassen?? Aber mit schmeckt es doch irgendwie noch einen Tick besser….Wenn ich jetzt schon die Eisschokolade getrunken habe, macht es doch nicht mehr wirklich Sinn, mich in der Mensa frustriert vor das Pommesschälchen zu hocken, und wirklich fair ist das ja auch nicht, wenn ich von Gastgeber*innen verlange, mich vegan zu bekochen, obwohl ich das jetzt woanders auch nicht durchgezogen habe…
Schwuppdiwupp, so schnell geht das, und man lebt gar nicht mehr vegan.
Der Monat hat aber trotzdem seine Spuren hinterlassen. Im Juni hab ich bisher für mich eigentlich weiterhin nur vegan gekocht. Viele Dinge fehlen mir gar nicht wirklich, die ich vorher sehr gerne gegessen habe, zum Beispiel der Käse auf den Nudeln oder das Glas Kuhmilch.
Wie ich weiter machen will? Hm, solange es mir nicht zu schwer fällt vegan, aber nicht so streng und nicht konsequent…? Ja, aber dann verzichte ich ja gerade darauf, unbequem zu sein, was vielleicht auch einer der wichtigsten Punkte dabei ist.
Vielleicht werde ich auch auf eine ganz spezielle Isabell-Konstruktion kommen, zum Beispiel „jeder zweite Monat vegan“ oder ähnlich seltsame Dinge – einfach um das klare Prinzip reinzubekommen, dass es mir erleichtert. Mal sehen. Auf jeden Fall war der Monat eine super spannende Erfahrung und ich bin sehr zufrieden mit mir, dass ich es ausprobiert und eigentlich ganz gut durchgehalten habe!
Als nächstes wären jetzt „Ein Monat regional“, „Ein Monat fairtrade“ und „Ein Monat nur bio“ dran. Aber Ersteres ist mir momentan doch noch einen Schritt zu weit und Letzteres gibt wohl der studentische Geldbeutel nicht her.
So oder so bleibt es spannend, sich über seine Ernährung Gedanken zu machen, und ich kann nur jeden dazu ermuntern – es ist eine lehrreiche Erfahrung und macht wirklich Spaß, und ganz nebenbei kann man wunderbar sein verrücktes Image im Freundeskreis pflegen! 🙂
Danke fürs Mitlesen,
eure Isabell 🙂
P.S. Eine Reaktion, die ich ebenfalls oft bekommen habe, ist die Frage „Nimmt man dabei auch ab?“. Nun, ich glaube das hängt ganz davon ab. Zuerst hab ich eher mehr gegessen, weil da immer ein nagendes Hungergefühl war.^^ Aber man hat doch insgesamt weniger Gelegenheit und isst somit weniger Schwachsinn. Zum Abnehmen als Hauptzweck ist das vegane Leben meiner Erfahrung nach aber nicht geeignet!
P.P.S. Vegan Grillen geht ganz super toll und ist waahnsinnig lecker! Wer ’s nicht glaubt, schreibt mir und lässt sich vom Gegenteil überzeugen! 🙂
So spannende und vielfältige die Erfahrungen… Da hat jede*r auch persönlich etwas mitgenommen. Wir hoffen die Beiträge haben euch einen schönen Einblick gegeben. Wusstest du, dass ein Jahr später ein Reloaded-Projekt entstand?
2013: Ein Monat vegan – reloadet
Vor über einem Jahr, am 1. Mai 2012, startete das Projekt „1 Monat vegan“ im Rahmen des Jahresthemas „Ernährung“. Viele junge Leute lernten dabei die vegane Lebensweise kennen, informierten sich über Gesundheit, Ökologie und Ethik und tauschten ihre Lieblingsrezepte aus. Das hat sich für viele gelohnt – das daraus entstandene Rezepteheft ist mittlerweile jedenfalls restlos vergriffen.
Es gibt viele neue Menschen mit tollen Ideen, die ausprobieren wollen einen Monat vegan zu leben und vorhaben, sich intensiver mit diesem Thema zu beschäftigen. Also der perfekte Zeitpunkt das Projekt neu zu starten – 1 Monat vegan reloaded.
Eine Gruppe hat sich auch schon gefunden, allerdings darf diese gerne noch wachsen: Egal ob du nur während des veganen Monats dabei sein möchtest oder ab jetzt bei den Vorbereitungen, egal ob du schon vegan lebst, es versuchst oder Fleisch isst und dich fragst, warum du darauf verzichten solltest; wir freuen uns jederzeit über neue Menschen!
Momentan sind wir eine Gruppe von Leuten zwischen 14 und 30 Jahren, die alle unterschiedliche Motivationen und Ansichten haben und genauso unterschiedlich ernähren wir uns bis jetzt – von Mischkost (mit Fleisch, Milch etc.) bis vegan, natürlich mit allen Zwischenstufen.
Der vegane Monat wird dieses Jahr der September sein, aber bereits ab Juni haben wir einige Treffen mit inhaltlichem Input, z.B. zum Thema gesund vegan leben, Tierschutz oder gegenseitigem Erfahrungsaustausch, wie man in der Praxis möglichst einfach vegan lebt. Schau einfach hier wann wir uns das nächste Mal treffen.
Hier geht es zu unserer Facebookgruppe.
Wenn du auf unseren E-Mail-Verteiler möchtest, schreibe an info@bundjugend-bw.de
Wir freuen uns auf dich!
Die bisherige 1-Monat-vegan-Projektgruppe
Da wir beide jetzt schon seit 4 Jahren Vegetarierinnen sind, war es für uns eigentlich gar nicht so schwer auf vegane Ernährung umzustellen. Wir erinnern uns noch ganz genau daran, wie wir beim Thema „Vegane Ernährung“ noch vor zwei Jahren gesagt haben, wie „übertrieben“ es ist, sich so zu ernähren und vor allem, wie schwer es wäre, auf leckere Aufläufe, gebackenen Feta-Käse, Kuchen oder Tiramisu zu verzichten. In diesem Monat wurden wir vom Gegenteil überzeugt; wir haben herausgefunden, dass man bei der veganen Ernährung auf praktisch gar nichts verzichten muss! Es gibt einfach für alles pflanzliche Alternativen und der Unterschied zu den „Orginalen“ ist so gut wie gar nicht vorhanden. In dem Monat haben wir spontane Grillpartys (mit Gemüse-Talern, mariniertem Tofu aus dem Handel und gewürztem Gemüse) gemacht, haben ganz normal (mit unserem eigenen Käse) beim Raclette mit gegessen. Der Bioladen hält sogar ein veganes Raclette bereit. Man hat also alle Möglichkeiten, nur kann man sie oft nicht sofort verwirklichen, außer man hat einen Laden, der mit veganen Produkten eingedeckt ist, vor der Haustüre, oder hat selbst ein großes Lager angelegt. Wenn es uns nervt, dass in Lebensmitteln, die eigentlich von Grund auf vegan sind, Molkepulver oder Ei-Extrakt drin ist, greift man auch ganz oft selbst zum Kochlöffel, Mörser, Rührgerät oder Mixer; selbst gemachte Brotaufstriche, Marmelade, Pesto oder Eis schmecken auch einfach viel besser und sind zu 100% vegan. Die Experimentierfreude ist riesengroß, wenn man erst mal mit dem „Selbermachen“ begonnen hat. Wenn man dann noch den Sinn dahinter sieht; das vermiedene Tierleid, die geringe Umweltbelastung und das wachsende Wohlbefinden. Eines ist für uns klar: Wir ernähren uns weiterhin rein pflanzlich und wir finden, dass viel mehr Leute einfach mal „einen Monat vegan“ ausprobieren sollten.
Ann-Kathrin Lautenbacher (21 Jahre), Anika Osbelt (20 Jahre)
Fleisch esse ich seit dreieinhalb Jahren nicht mehr wegen der Tiere und der Umwelt. Es ist für mich mittlerweile völlig absurd tote Tiere zu essen. Aber bei Milch und Eiern – dafür müssen ja keine Tiere sterben – dachte ich.
Spätzle, Kuchen, Rührei… Mhmmm… Aber was man mit dem Eierkonsum unterstützt, ist ganz und gar nicht appetitlich. Die Legehennen bekommen Küken, die natürlich auch Eier legen sollen. Da dies den männlichen Küken aber nie möglich sein wird, und das weitere Halten der Hähne keinen Nutzen bringt, werden sie ganz einfach schon als Küken erstickt, vergast oder zerschreddert. Bei den Kühen, bzw. der Milchproduktion, geht es keinesfalls humaner zu. Wie bei allen Säugetieren, dazu gehören auch menschliche Mütter, geben auch Kühe nur Milch, wenn sie ein Kalb geboren haben. Völlig naiv ist der weit verbreitete Irrglaube, dass Kühe gemolken werden müssen, da ihre Euter sonst „platzten“. Die Kühe müssen stattdessen regelmäßig befruchtet werden, um täglich Milch zu produzieren. Das Kälbchen selbst kommt hierbei überhaupt nicht in den Genuss seiner artgerechten Ernährung. Es wird sofort nach der Geburt von seiner Mutter getrennt und mit Milchersatz aufgezogen. Die weiblichen Kälber werden bei Bedarf zu Milchkühen aufgezogen, während die Männlichen bereits nach wenigen Wochen fast alle geschlachtet werden. Die Vorstellung, dass außer der reinen Milch noch viele andere Dinge, wie zum Beispiel Blut und Eiter, die durch Verletzungen des Euters beim Melken durch die Melkmaschine in die Milch gelangen, ist ekelerregend. Außerdem sind Schwangerschaftshormone und Krankheitserreger in der Kuhmilch enthalten. Für die männlichen Kühe, die ohnehin nicht für die Milchwirtschaft genutzt werden können, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder man verarbeitet sie zu Kalbsfleisch oder man schneidet ihnen gleich als Neugeborenes den Magen auf, um ihnen das Enzym LAB zu entnehmen, welches man für die Käseherstellung benötigt. Natürlich werden manche auch weiter aufgezogen, um später zu Fleisch oder Leder verarbeitet zu werden. Und das alles unterstützt man mit dem Verzehr von Milchprodukten… ist es also legitim für eine*n Vegetarier*in zu sagen „…wegen den Tieren“? Eigentlich nicht! Aber weil der Verzehr von Eiern und Milch so normal ist und jede*r Veganer*in nur ein „Freak“ ist, denken viele Vegetarier*innen, von Fleischesser*innen ganz zu schweigen, gar nicht daran, dass auch bei der Milch- und Eierproduktion sehr viel Tierleid mit im Spiel ist. Verlockende Angebote, wie Flammkuchen auf dem Weihnachtsmarkt oder Softeiscreme im Sommer, machen die Sache nicht einfacher. Vor allem wenn Essen als gemeinschaftliches Ritual gesehen wird. Wenn man bei Freund*innen oder Familienfeiern eingeladen ist, kann es bei diesem Thema schnell zu einer hitzigen Diskussion ausarten. Ob und in welchem Maße man das Vermeiden von tierischen Produkten „betreibt“ muss jede*r für sich entscheiden. Sojamilch zum Müsli, Hafersahne in die Soße, oder Eiersatz in den Kuchen… es gibt mittlerweile für alles Alternativen. Und der geschmackliche Unterschied ist oft nicht groß. Klar sollte man auch hierbei wieder darauf achten, was die Produkte enthalten. Nur künstliche Stoffe machen krank, Palmfett ist schlecht bezüglich der Abholzung des Regenwaldes… Aber gesund ist es auf alle Fälle von den tierischen Fetten wegzukommen – und sich auch ein bisschen mehr mit der Nahrung, die man tagtäglich zu sich nimmt, auseinander zusetzen.
Anka Lautenbacher war im Vorstand der BUNDjugend Baden-Württemberg
Unsere Lieblingsrezepte -Rezeptheft voller veganer Leckereien
Über mehrere Monate haben die Teilnehmer*innen der Projekte „Das Experiment: 1 Monat vegan“ (2012) und „Ein Monat vegan reloaded“ (2013) ihre Lieblingsrezepte über Kichererbsensalat und Pfannkuchentorte bis Salbei-Spaghetti und Tiramisu gesammelt. Das Ganze ist angereichert mit einer fetten Portion Infos zum Veganisieren, Erfahrungsberichten und Saisonkalender (insgesamt 40 Seiten). Komplett von Ehrenamtlichen mit viel Leidenschaft erstellt und auf Recyclingpapier gedruckt.
Unser herzlicher Dank für die finanzielle Unterstützung des Drucks geht an Vegeterra – Stiftung vegetarisch leben.
Leider ist dieses tolle Rezepteheft nicht mehr in Papierform zu bekommen – schon vergriffen…schade.
ABER: Hier gibt es das ganze Heft auch zum Download als PDF!!
Viel Spaß beim Nachkochen und guten Appetit!