Von Ackersalat bis Zwiebeln, wer macht eigentlich Gemüse?
Ein Sonnenaufgang im September, die wenigen Wolken am Himmel strahlen in den schönsten Farben. Ausgerüstet mit Gummistiefeln, Schubkarre und einem scharfen Messer pirsche ich mich versteckt hinter dem gold glänzenden Feld aus blühendem Dill heran. Hier wachsen sie. Drei Beete Zucchinipflanzen, knie- bis hüfthohe Stauden mit riesigen, wunderschönen, aber schmerzhaft stacheligen Blättern, unter denen sich die Früchte verbergen. Ich ernte hier täglich zwischen 15-30 kg. Das dauert ca. eine Stunde.
Von fast mütterlichem Stolz erfüllt nehme ich schließlich die gefüllten Kisten von der Waage im Richteraum, meine Pflanzen haben es heute mal wieder geschafft und ich habe die geforderte Menge für den Marktstand morgen zusammen.
Seit März mache ich die Ausbildung zur Gärtnerin Fachrichtung Gemüsebau in einer kleinen Demeter-Gärtnerei bei Ludwigsburg. Ich habe mich vor allem für diesen Betrieb entschieden, weil hier eine große Vielfalt an verschiedenen Gemüsesorten angebaut wird. Die Erzeugung von Gemüse in kleinen Mengen anstatt in großen spezialisierten Betrieben bringt verhältnismäßig höhere Herstellungskosten mit sich. Das lohnt nur, wenn man die Möglichkeit hat, direkt an einem Marktstand zu verkaufen. Für uns, vier Angestellte und zwei Azubis, hat es den Vorteil, dass wir an einem Tag viele verschiedene Tätigkeiten ausführen. Den Hauptteil unserer Zeit bringen wir mit der Ernte zu, da hier viel von Hand zu erledigen ist: z.B. bei Bohnen und Paprika… Manche Dinge kann man am Besten allein erledigen.
Am Ende treffen wir uns dann oft alle auf dem Feld beim Auskrauten von Feldsalat, oder im Waschraum, wo 280kg Kürbisse von Erde befreit und abgewogen werden müssen.
Was macht ihr eigentlich im Winter, werde ich oft gefragt. Ja, auch draußen frieren, aber es gibt auch viel drinnen zu tun. Und wer weiß schon, dass Feldsalat noch bei plus zwei Grad wachsen kann?! Daneben gibt es im November zum Beispiel Zuckerhut, Lauch, Posteleinsalat, Spinat und Petersilie. Dann treiben wir Chicoree im Keller. Die Sprossen brauchen es dunkel und warm, um nicht grün und damit bitter zu werden.
Der höchste Kostenfaktor ist Arbeitszeit im Gemüsebau, das heißt „Zeit ist Geld“ und man muss schon lernen, recht flink dabei zu sein, sonst steht einem der Chef schnell mal grimmig auf der Matte oder man wird gar durch einen polnischen Saisonarbeiter ersetzt. Trotzdem hat man auf dem Acker auch Gelegenheit zu lustigen und tiefsinnigen Gesprächen, oder aber zum Beobachten der Natur, um zu lernen wie man die Pflanzen soweit wie möglich dazu bringt, das zu tun, was man von ihnen gerne hätte, nämlich gesund und schnell zu wachsen. Gärtnern ist viel harte Arbeit, viel Bücken, aber auch ein Erforschen der natürlichen Vorgänge. Ständig sind wir mit Neuem konfrontiert, und selbst der Meister ist manchmal ratlos, wenn zum Beispiel unsere Kohlrabi von einer rätselhaften Krankheit vernichtet werden.
Gerade im Bioanbau geht auch mal etwas schief, gegen auftretende Krankheiten kann nicht einfach ein Mittelchen gespritzt werden. Die Arbeit besteht darin, möglichst das Auftreten von Krankheiten und Schädlingen zum Beispiel durch Düngung mit Kompost zu vermindern. Gegen manche Insektenschädlinge setzten wir Nützlinge, also andere Insekten, die die „Bösen“ fressen, ein. Es gibt zum Beispiel Marienkäfer in Kisten zu bestellen! Dieses höhere Risiko und die Mehrarbeit erklären auch die höheren Preise. Tatsächlich kommt es mir immer noch manchmal verrückt vor, wie viel Zeit in manch einem kleinen Gemüse steckt, bis es auf den Markt kommt, und plötzlich kommt mir eine Sellerieknolle unbezahlbar vor.
Auch wenn ich unsere Arbeit hier nicht unbedingt als naturnahes Gärtnern bezeichnen würde, ist es toll, so viel Zeit draußen und mit der Natur zu verbringen und jeden Tag wieder das gute Gefühl zu haben, gesundes Qualitätsgemüse auf seine Reise auf fremder Leute Teller los zu schicken und zu wissen, was alles dahinter steckt.
Kathi arbeitet in einer Biogärtnerei